Auch staatsgefährdende Parteien sind verfassungswidrig

Wenn man das Grundgesetz liest, dann fällt einem manchmal auf, dass dort für aktuelle Probleme unserer Zeit bereits Lösungen zu finden sind. Zugleich fällt einem dabei aber auch auf, wie sehr die Gewichtung einzelner Textpassagen vom herrschenden Zeitgeist abhängt und wie manche Passagen ständig in der Vordergrund gerückt werden, während andere fast komplett ignoriert werden.

Ein schönes Beispiel sehen wir hier:

Auch staatsgefährdende Parteien sind verfassungswidrig

Ich finde es war sehr vorausschauend, daran zu denken, dass nicht nur Parteien, die die freiheitliche demokratische Grundordnung abschaffen wollen eine Gefahr für diesen Staat darstellen. Nicht minder gefährlich sind schließlich auch solche Parteien, die durch ihr Wirken die nackte Existenz des Staates selbst gefährden.

Vielleicht ist es an der Zeit, das Thema Verfassungswidrigkeit breiter zu denken als bisher und sich öfters mal zu überlegen, welche Meinungen und Aktionen vor diesem Hintergrund eigentlich noch auf dem Boden des Grundgesetztes stehen, und welche nicht.

Deutschland zuerst!?

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Als Donald Trump in seiner Antrittsrede die Maxime „America First“ zum Grundsatz seiner Politik erklärte, warnte man davor, wie gefährlich eine solch nationalistische Denkweise doch sei. Viele im linken Lager waren schockiert, dass sich jemand traut so etwas Ungeheuerliches zu fordern.

Was uns aber tatsächlich schockieren sollte, ist dass dieser Begriff überhaupt Beachtung findet. Es ist doch nicht nationalistisch, wenn der amerikanische Präsident erklärt, dass die Interessen Amerikas der Dreh- und Angelpunkt seiner Politik sind. Das ist nicht Nationalismus, das ist verdammt nochmal sein Job. Man stelle sich vor, der Vorstandsvorsitzende von BMW stellt die Quartalszahlen vor und erklärt lang und breit, was er dieses Quartal alles tolles für Mercedes und VW gemacht hat, um dann nur widerwillig und erst auf Nachfrage aus dem Publikum überhaupt auf BMW zu sprechen zu kommen. Wieviel Verständnis hätten die Aktionäre von BMW wohl für ein solches Verhalten?

In einer normalen Zeit wäre „America First“ ein Nichtsatz. Eine inhaltslose Worthülse. Etwas das so selbstverständlich ist, dass man es aus einer Rede streicht, wenn man nicht unbedingt Zeit schinden muss. Doch heute ist dieser Begriff geradezu revolutionär. Und das ist das, was uns wirklich schockieren sollte. Denn es erzählt uns viel über die Gesellschaft, in der wir leben.

Und in Deutschland?

Auch in Deutschland gibt es ein Gegenstück zu „America First“, auch wenn das gerade die lautesten Kritiker des amerikanischen Präsidenten am aller wenigsten wahr haben wollen.

Und dieses Prinzip findet sich nicht etwa in den Reden irgendeines von den Medien nicht besonders innig geliebten Politikers. Es findet sich in unserem Grundgesetz. Die Artikel 56 und 64 legen für den Bundespräsidenten, den Bundeskanzler und die Bundesminister folgenden Eid fest:

„Ich schwöre, daß ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe.“

Was ist das anderes, als „Deutschland zuerst“? Der Job der Regierenden ist es unter Wahrung der Gesetze dem eigenen Volk zu dienen. Nicht mehr und nicht weniger. Und warum sollten sie in irgendeinem demokratischen Staat auch eine andere Aufgabe haben?

Als das Grundgesetz geschrieben wurde war dies selbstverständlich. Und sicher hätte sich damals niemand eine dystopische Zukunft vorstellen können, in der eine von nicht selbst errungenem Frieden und aufwandslos erworbenem Wohlstand moralisch verwahrloste und der Realität entrückte Elite einmal zu einem völlig anderen Schluss käme.

Aber genau in dieser Dystopie leben wir heute. Die Leute, die geschworen haben diesen Eid zu erfüllen, brechen ihn nicht nur, sie handeln ihm diametral entgegen. Und als ob das noch nicht genug wäre, erzählen sie uns auch noch, die bloße Idee hinter diesem Eid wäre ganz furchtbar böse und jeder der ihm beipflichtet ein schlechter Mensch.

Grundgesetz und Politik sind nicht mehr synchron. Die Regeln und Mechanismen des alten Staates sind noch vorhanden. Und doch hat sich ein Zeitgeist etabliert, welcher diese Regeln nicht mehr anerkennt. Er pickt sich die heraus, die ihm gefallen und die missliebigen deutet er um oder ignoriert sie.

Dieser Eid und seine „moderne Interpretation“ sind eins von vielen Anzeichen für das, was mit diesem Land nicht stimmt. Und wir sehen Ähnliches überall in der westlichen Welt.

Wir alle müssen uns heute zwei Fragen stellen. Zum einen müssen wir uns fragen, wie es soweit kommen konnte? Wie konnten wir an einen Punkt kommen, an dem eine Elite, die nicht unser Bestes im Sinn hat, die Regeln und Grundsätze des Staates in ihrem eigenen Sinne umdeuten kann und damit durch kommt?

Wenn wir darauf die richtigen Antworten finden, können wir uns der zweiten und noch viel wichtigeren Frage zuwenden: Was müssen wir tun, damit dieses Land wieder normal wird?

Manipulation durch Sprache: Die „liberale“ Demokratie

In letzter Zeit hört man immer wieder Begriff wie „liberale“ Demokratie oder „liberaler“ Rechtsstaat. Zudem erfährt man wie sehr diese doch in Gefahr sein sollen. Was auch immer damit genau gemeint sein soll.

Im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland heißt es dazu:

Art. 20

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

Demokratisch und sozial? Das steht da definitiv. „Liberal“? Fehlanzeige.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

Die Staatsgewalt geht also vom Volk aus und wird durch Wahlen und diverse Staatsorgane ausgeübt. Erzwungene „Liberalität“? Negativ!

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

Alle Staatsorgane sind an Recht und Gesetz gebunden. Klarer Fall von Rechtsstaat. Aber ist dieser von Natur aus „liberal“? Natürlich nicht, er orientiert sich ja schließlich an Recht und Gesetz und nicht an irgendwelchen Ideologien.

Tolle Sache dieses Grundgesetz. Aber die „Liberalität“ ist wohl nicht ganz so stark ausgeprägt wie manche das gerne hätten. Hat möglicherweise etwas mit Demokratie zu tun und dem der Demokratie eigenen Wettstreit verschiedener politischer Überzeugungen. Aber das ist natürlich alles nur eine vage Vermutung.