Der Friedensnobelpreis ist nicht zu beneiden. Seine Geschichte ist reich an fragwürdigen Preisträgern, die an der Sinnhaftigkeit des Preises und seinem Nutzen für den Frieden doch sehr zweifeln lassen.

Sowjetische Panzer am Checkpoint Charlie in Berlin – Der Kalte Krieg ist kalt geblieben, dafür sollten wir dankbar sein
Denken wir nur mal an so unverdiente Preisträger wie Henry Kissinger (1973), Jassir Arafat (1994) oder Barack Obama (2009). So richtig begann ich aber 2012 am Verstand der Mitglieder des Nobelkomitees zu zweifeln, als die Auszeichnung doch tatsächlich an die Europäische Union vergeben wurde.
Jetzt mag der eine oder andere vielleicht einwenden: „Aber die EU ist doch ein Friedensprojekt“. Das ist ja richtig, dass die EU das sein will, deshalb hat sie für den Frieden aber effektiv trotzdem nichts geleistet. Der Frieden in Europa wird seit 1945 von den Streitkräften der USA garantiert. Oder will jemand ernsthaft behaupten, dass die Sowjetunion während des Kalten Krieges aus Angst vor der Europäischen Union und der diplomatischen Fähigkeiten ihrer Bürokraten nicht nach Westeuropa vorgerückt ist?
Bis heute gelingt es der EU ja noch nicht einmal mit einer Stimme zu sprechen. In Krisenfällen ist dieser Verein eher mit sich selbst beschäftigt, als das von dort irgendwelche Lösungen zu erwarten sind. Und in jüngerer Zeit gelingt es nicht einmal mehr in Europa ein Mindestmaß an Einigkeit zu erzielen.
Großbritannien bereitet seinen EU-Austritt vor und Osteuropa ist irritiert über den moralischen Imperialismus, der das frühere Ziel der europäischen Einigung ersetzt zu haben scheint. Schon 2012 waren die Schwachstellen der Europäischen Union für jeden politisch Interessierten kaum zu übersehen.
Man muss schon ein ausgesprochener Pazifist sein, um die 70 Jahre währende friedensstiftende Wirkung der USA und ihres Militärs in Europa komplett zu übersehen und die bisherige friedliche Entwicklung Europas stattdessen an einer seelenlosen und inkompetenten bürokratischen Organisation festzumachen.
Frieden durch überlegene Feuerkraft
Und jetzt gewinnt also eine Organisation den Friedensnobelpreis, die sich für die weltweite Abschaffung von Nuklearwaffen einsetzt. Und ja, die meinen das tatsächlich ernst. Die wollen wirklich, dass alle Nuklearwaffen zerstört werden. Also auch die der USA, Russlands, Chinas, Frankreichs und Großbritanniens.
Auch ich sehe große Probleme, die im Zusammenhang mit Nuklearwaffen in Zukunft auf uns zu kommen. So hätten Pakistan, Indien und Nordkorea niemals in den Besitz dieser Waffen kommen dürfen. Die Atombombe ist zudem über 70 Jahre alt und schon aufgrund des technischen Fortschritts ist in Zukunft trotz des hohen Aufwands zur Herstellung von Nuklearwaffen eine weitere Verbreitung dieser Waffen zu erwarten. Dies ist ein sehr reales Problem, wie sich nicht zuletzt an der Krise in Nordkorea zeigt. Und wir dürfen uns hier keinen Illusionen hingeben. Es wird sehr schwer werden hier eine Lösung zu finden.
Wer jedoch die gänzliche Abschaffung von Nuklearwaffen fordert, der hat die Geschichte der letzten 100 Jahre nicht verstanden. Im Ersten Weltkrieg standen sich zum ersten Mal hochindustrialisierte Nationen in einem offenen und erbarmungslos geführten Krieg gegenüber. Dieser Krieg hat uns vor Augen geführt, welches barbarische Zerstörungs- und Tötungspotential sich mithilfe moderner Technik realisieren lässt. Der Zweite Weltkrieg war nicht weniger brutal und zerstörerisch, auch wenn es durch den Einsatz von Panzern und Flugzeugen und die dadurch gewonnene Mobilität zumindest gelang, den zermürbenden Stellungskrieg des Ersten Weltkriegs weitgehend zu vermeiden.
Bereits 1948 kam es zur sowjetischen Blockade Westberlins, die die jahrzehntelange Konfrontation zwischen den USA und der Sowjetunion, sowie ihrer Satellitenstaaten, einläutete. In den darauf folgenden Jahrzehnten gab es mehr als genug Konflikte zwischen diesen beiden Machtblöcken, die leicht zu einem dritten Weltkrieg hätten führen können.
Tatsächlich war der weltpolitische Konflikt zwischen dem demokratisch-kapitalistischen System des Westens und dem kommunistischen System der Sowjetunion so tiefgreifend, dass eine friedliche Lösung bei genauer Betrachtung nahezu unmöglich erscheinen muss.
Und doch ist es nie zu einem direkten Krieg zwischen den USA und der Sowjetunion gekommen. Von Stellvertreterkriegen abgesehen, ist der Kalte Krieg kalt geblieben. Und dafür gibt es einen einfachen Grund: Die Atombombe.
Im Jahr 1945 stellten die USA die ersten Atombomben her. Vier Jahre später zog die Sowjetunion nach. In den folgenden Jahrzehnten kam es zu einem Rüstungswettlauf zwischen beiden Kontrahenten. Entwickelt wurden immer stärkere Atombomben, Interkontinentalraketen, U-Boote, Cruise Missiles und so weiter und so fort. Zum ersten Mal besaß der Mensch eine Waffe, die nicht eingesetzt werden konnte, weil der Einsatz dieser Waffe zur gegenseitigen Vernichtung der Kontrahenten und sogar zur Vernichtung der ganzen Welt führen würde.
Und auch wenn die Welt seitdem der latenten Gefahr ihres Untergangs ausgesetzt ist, so wurde doch zum ersten Mal in der Geschichte des Krieges eine rote Linie gefunden, die niemand, der bei klarem Verstand ist, jemals überschreiten würde.
Die Angst vor der Bombe hat uns vor einem Dritten Weltkrieg bewahrt, der ohne sie wohl nicht zu verhindern gewesen wäre.
Nicht ohne meine Bombe
Wer glaubt die Atombombe abschaffen zu können, der übersieht zudem ein sehr großes Problem. In einer Welt, in der es keine Atombomben gibt, wird die Bombe noch begehrter, als sie es ohnehin schon ist.
Heute garantiert der Besitz von Nuklearwaffen die Souveränität eines Landes. Kein anderes Land – und mag sein Militär auch noch so mächtig sein – kann sich gefahrlos mit einer Nuklearmacht anlegen.
In einer Welt ohne Atombomben jedoch, wird die Bombe zur ultimativen Waffe. Hätten wir schon vor 5 Jahren in einer atomwaffenfreien Welt gelebt, Kim Jong-un wäre heute der mächtigste Mann der Welt.
Würden alle Großmächte über Nacht ihre Nukleararsenale einstampfen (und natürlich werden niemals alle Großmächte so dumm sein), dann hätte jeder Westentaschendiktator ab morgen einen verdammt guten Grund mehr ein Nuklearprogramm in die Wege zu leiten und in der Ukraine Pläne für alte sowjetische Raketentriebwerke zu erwerben.
Die Atombombe ist erfunden worden und nichts in dieser Welt wird sie je wieder unerfunden machen. Wir müssen lernen mit ihr zu leben und Wegen finden, um das atomare Gleichgewicht zu bewahren, das in den letzten 70 Jahren Kriege zwischen Großmächten praktisch unmöglich gemacht hat.
Wer sie aber abschaffen will, der ist entweder von allen guten Geistern verlassen, oder aber er kann es kaum erwarten ein Gewehr in die Hand zu nehmen und in den nächsten Krieg zu marschieren.